Tüüt, tüüt, – tüt, tüt … Shared Taxis rasen durch die Straßen, bremsen vor jedem mitfahrwilligen und mitfahrunwilligen Passanten und rufen laut ihr Ziel aus dem die Fahrspuren beständig wechselnden Kleinbus. Die hohe Minibus-Driver-Kunst ist es, nach einem Stopp das Gaspedal komplett durchzutreten, auf die rechte Spur zu wechseln, um, vorbei am Konkurrenten, vor ihm mit erneut abruptem Spurwechsel den nächsten Fahrgast wegzuschnappen. Die Schiebetür ist noch lange nicht wieder zu, da ertönt die Hupe, es geht von vorne los: Rechte Spur, linke Spur, bremsen, Gas geben.
Außerhalb der Stoßzeiten dauert die Fahrt indes doppelt lang, denn dann wird auch auf den noch weit entfernt in einer Seitenstraße sich befindenden potentiellen Fahrgast gewartet oder der vor dem Shoprite auf der anderen Straßenseite so betagten wie korpulenten „Mama“ entgegengelaufen, um sie samt ihrer unzähligen Einkaufstüten – fast schon fürsorglich – über die Straße und in den Bus zu hieven.
Etwas einhören muss man sich bei den Zielen, welche die Anwerber ausrufen, zuständig für die Platzierung, bisweilen auch das Stapeln der Gäste, das Einsammeln des Geldes und die Kommunikation zum Fahrer, um ihm den „Next Stop“ mitzuteilen. Etwas was an der Kreuzung der Strand Street zur Long Street als gegröltes „oi“ gedeutet werden kann, permanent und lautstark wiederholt, sich abwechselnd mit einem schrillen Pfiff durch die meist nicht mehr vorhandenen Schneidezähne soll durchaus „Sea Point“ heißen. Ein dunkles „Eey“ heißt „Camps Bay“. Ganz einfach: Die jeweils letzte Silbe wird noch einmal verkürzt und ruf-fähig gemacht. So viele Destinationen hat er ja nicht. Aufmerksamkeit sticht Artikulation.
Shared Taxi zu fahren ist wahres Afrika-Feeling im ansonsten wenig „authentisch afrikanischen“, denn vielmehr weltstädtischen mit viel Freizeitflair versehenen Kapstadt und mit dem netten Nebeneffekt, dass es auch noch unglaublich günstig ist und man sich um nichts kümmern muss. Gut, man darf nicht auf allzu viel Freundlichkeit hoffen, denn die Jungs finden sich in erster Linie cool und erinnern in ihrer Checker-Manier an die Aushilfen beim Autoscooter auf dem alljährlich stattfindenden dörflichen Volksfest. Am Ende sind sie aber hilfsbereit und absolut zuverlässig.
Auch, wenn man in den Genuss eines eher neuen und modernen, gar mit Fernseher ausgestatteten Minibusses kommt, empfiehlt es sich, die weiche Körperfülle der unablässig Xhosa-schnalzenden Mamis zu nutzen, denn die Spurwechsel sind ebenso hart und abrupt wie die nicht mehr vorhandene Federung der älteren Modellen.
Einmal aber von einem der Clifton Beaches kommend, bei Sonnenschein, den Blick aufs blaue Meer gerichtet, zu erleben wie der Fahrer bei Marleys Klassiker „No woman, no cry“ das Radio bis zum Anschlag aufdreht und die ganze Meute mitsingt, weiß man, warum das Fahren mit Shared Taxis ein Muss und ein Genuss ist.
Auf derartigen Fahrten kann man gleichsam beobachten, dass der Gleichmut des gefühlsmäßig eher zurückhaltenden und meist stoisch (re)agierenden Afrikaners von einem „Driver“ durchaus überstrapazieren werden kann. Das Shared Taxi, in dem ich einst saß, war schon überbelegt, als der Fahrer erneut hielt, um einen weiteren Fahrgast aufzunehmen. In dem Moment vernahm ich von hinten ein zwar noch geduldiges, aber hörbar genervtes: „Hey Driver, maaaaan. We are not in Japan, maaaaaaan“…
How to hire:
Shared Taxis sind meist weiße Minibusse, die immer die gleichen Routen abfahren. Ein winziges Handzeichen genügt, meist noch nicht einmal das, denn von Shared Taxis wird man gefunden, man muss sie nicht suchen. Dafür sorgen auch die Boys, die fürs Anwerben der Fahrgäste vor und während der Fahrt zuständig sind und die Fahrgäste geschickt platzieren. Ist der Gang noch frei, wird ein unwesentlich gepolstertes Brettchen in die Lücke zwischen zwei Sitzbänke gelegt, um einen weiteren Sitzplatz zu schaffen bzw., je nach Modell, ein Gangsitz ausgeklappt. Eine Fahrt kostet 8 Rand zwischen Downtown und Sea Point. Bis Camps Bay 9 Rand und ab 19 Uhr gibt es Nachtzuschlag von einem Rand – Fixpreise, nicht verhandelbar. Am Hauptbahnhof findet man einen riesigen Shared Taxi Bahnhof, mit unzähligen Minibussen, die auch in die angrenzenden Orte wie Belville oder das futuristische Centre City fahren. Hierfür benötigt es allerdings etwas Geduld, denn die Minibusse fahren erst ab, wenn alle Plätze belegt sind, da hier, anders als auf den stark frequentierten Innenstadtrouten, kaum Leute zusteigen.
Und da Videos mehr sagen als Bilder, kommt hier ein von Red Bull perfekt inszeniertes Video: Eine durchaus “realistisch” gedrehte rasante Shared Taxi Fahrt plus allem, was einem auf einer x-beliebigen Fahrt durch Kapstadt noch alles widerfährt / man sieht (Braai, Verkauf der Obdachlosenzeitschrift, (un-)gewollter Frontscheibenwischdienst …) und mit unnachahmlichem Cape Town Slang …