Es ist schon fünfzig Jahre her, dass Alain Delon und Romy Schneider im Film „Swimming Pool“ in der Idylle einer Villa in St. Tropez gleichsam ihre einstige Leidenschaft füreinander verfilmen ließen – was hoffte die Öffentlichkeit seinerzeit auf ein Liebes-Comeback der beiden! – und sich auch ohne Kamera am Strand vergnügten. Schon dreizehn Jahre zuvor hatte „La Reine Bardot“ und Curd Jürgens den Glamour und viel Faszination mit „Und immer lockt das Weib“ nach St. Tropez gebracht – sowohl im Film als auch im wahren Leben und den verschlafenen Ort St. Tropez zum Tummelplatz des Jetsets etabliert – mondän, frivol, unwiderstehlich. Gunter Sachs war da ebenso nicht weit wie Marlon Brando, Gianni Agnelli …, die Liste ist lang, die Paparazzi hatten leichtes Spiel.
Angesichts derartiger Reminiszenzen hat die Zugkraft des Küstenstädtchens und seiner Anrainer zwar etwas nachgelassen, doch auch, wenn man nicht mehr mit Citroëns einzigartiger „Göttin“ über die Corniche rauscht, so hat auch in einem zeitgemäßeren Model die Fahrt an die Bucht von Pempelonne zu Frankreichs größtem Sandstrand am Mittelmeer gleichbleibende Magie, ist St. Tropez nach wie vor ein Place-to-be im Sommer, ein Treffpunkt der sich gen Süden aufmachende Pariser Szene, die sich mit Yachtbesitzern, internationalen Stars und Sternchen und Frankophilen aus aller Welt mischt. St. Tropezs Glamour, Yachten, Sportwägen, Strandclubs und Prominenz ist heutzutage vielleicht nicht mehr so prägend, aber verführerisch geblieben.
Wenige Kilometer wird es bedeutend ruhiger. Dort nesteln sich die sieben Strände von La Croix Valmer entlang der Küste zwischen rauen Felsen und umringt vom Grün der Pinien ein. Goldene Strände verlaufen sich im flachen Türkis, teils zerklüftet von Felsvorsprüngen, bevor sie sich in das bis zum Horizont erstreckende Blau verlaufen. Wüsste man es nicht besser, so tippte man darauf, dass Charles Trenet sich die Inspiration für seinen Welthit „La Mer“ hier an diesem Idyll holte, um die silberfarbenen Lichtspiegelungen des Meeres und seine Eigenschaft als Hüter eines unendlichen Blaus zu besingen.
Doch erst im gemeinsamen Spiel mit der Sonne ergibt sich die wahre Magie der Küstenregion: was für ein Licht! Und wer könnte das besser einfangen als all die Maler, die beim Zirpen der Zikaden zwischen Mimosen, Oliven- und Orangenbäumen sich an seiner Abbildung versuch(t)en. Auguste Renoir bediente sich eines kräftigen Lilas und eines satten Orange, Neptun’sches Blau dazwischen. Matisse beschließt nie wieder wegzugehen als ihm nach seiner ersten Ankunft ein Sonnenstrahl am Morgen ins Gesicht scheint, tüpfelt das Rot der Ziegeldächer einsamer Gehöfte vor rosafarbene Felsen und punktet die dazwischenliegenden Felder strahlend gelb. Cézannes revolutioniert unter dem Eindruck dieses Lichts die Malerei, vermengt es in das Grün der Bäume und die rotbraune Erde. Van Gogh wir hier seine produktivste Zeit haben, in der er stahlblaue Wolken kreisen und die Halme der Kornfelder im Spiel der Winde neigen lässt. Picasso schuf hier nicht nur viele seiner Meisterwerke, sondern besaß auch fünf Anwesen, parallel und nacheinander, und war damit einer der Helden der sonnenbestrahlten Bühne der 1950er- und 60er Jahre.
So kommt an diesem Flecken der Erde all das zusammen, was erstrebenswert scheint: Kunst und Kultur, Liebe, Lust und Leidenschaft, Inspiration und Idyll. Und an welchem Ort findet sich diese durchaus vollkommene Kombination noch einmal in solch expressiver Weise?
Text by Undine Zumpe / Cinnamon Circle
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