Ludwig van Beethoven macht das Vierteljahrtausend voll und allerorts gedenkt man seiner. So auch im kleinen aber feinen Bergdorf Andermatt gleich zu Beginn des Jahres beim „Andermatt Music Winter Festival“ vom 15. bis zum 18. Januar 2020.
Nun könnten wir der Überdosis BTHVN2020 viel Negatives abgewinnen. Oder uns einfach darüber freuen, dass wir ein Jahr lang ausreichend Gelegenheit haben, uns das große Werk dieses musikalischen Superstars und Genies (noch einmal) zu nähern und am Ende seines Jubiläumsjahrs etwas mehr kennen als den berühmten 4. Satz der 9. Sinfonie, die aus Schillers Ode „An die Freude“ ein nicht nur Europa, sondern weltumspannendes „Freude, schöner Götterfunken“ machte.
In der Mitte 2019 eröffneten und für musikalische Erlebnisse von Weltformat perfekt geeigneten Konzerthalle wird am 15. Januar kein geringerer als Daniel Barenboim das diesjährige Musikfestival eröffnen. Eine perfekte Wahl, hat Barenboim sich doch sein Leben lang mit Beethoven beschäftigt und parallel dazu stets versucht, dessen Musik den Menschen nahe zu bringen. Dabei gibt er selbst zu: „Mit Beethoven muss man ringen!“ Man müsse ihn drängen, zerren, selbst, wenn er manchmal einfach stillsteht, stur, wie er nun mal sei. 2005 hat Barenboim alle 32 Klaviersonaten in einer vielfach gefeierten Einspielung aufgenommen und sagt selbst darüber: „Beethoven bleibt ewig aktuell. Seine Musik beschäftigt sich wahrhaftig mit der Vollkommenheit und der innersten Natur des menschlichen Daseins. Es geht in ihr um die Notwendigkeit, bis ans Äußerste zu gehen. Sie schreckt auch vor Extremen nicht zurück. Aber ihre ewig währende Botschaft ist die, dass aus dem Chaos, aus dem Kampf, eine neue Ordnung erwächst.“
Hören und sehen Sie Daniel Barenboim mit den Berliner Philharmonikern:
Was die Musiker der folgenden drei Festivaltage über Beethoven denken und wie sie sich ihm nähern, werden sie nicht nur in abendlichen Konzerten hörbar machen, sondern auch in Talk-Veranstaltungen dem interessierten Publikum vermitteln.
Freuen darf man sich diesbezüglich auf den russischen, vielfach ausgezeichneten Geigenvirtuosen Nikita Boriso-Glebsky, bekannt für sein elegantes Spiel, das ebenso natürlich wie von kompromissloser Härte und einzigartiger Schärfe und von einer gleichsam singenden Qualität geprägt ist. Am Donnerstag ist er im Abendkonzert als Solist zu hören, steht zuvor aber bereits neben der Dirigentin und Pianistin Yoon-Jee Kim in einem Lunchtime Talk für Fragen zur Verfügung.
Nikita Boriso-Glebsky spielt Beethovens Sonate No 10:
Yoon-Jee Kim, die am dritten Tag des Festivals ihren Auftritt hat, wurde geprägt von ihrer sich in den trostlosen Jahren des Nachkriegskoreas in klassische Musik flüchtenden Mutter. Vor diesem Hintergrund sieht sie selbst ihre Aufgabe darin „nicht nur schöne Klänge zu kreieren, sondern auch über die Relevanz, Wirkung und Zukunft der klassischen Musik nachzudenken und sie zu fördern.“ Ihre internationalen Auszeichnungen hat sie sich als Pianistin für ihre „lebendige Klangpalette“ und ihr „Gespür für Architektur“ erspielt.
Die Pianistin Yoon-Jee Kim ist hier live zu sehen:
Nikita Boriso-Glebsky ist am Freitag nochmals zu hören, dieses Mal mit dem Pianisten Georgy Tchaidze. Dessen Spiel zeichnet sich durch „feine Sensibilität und eine perfekt ausgereifte Technik“ aus. Seit seinem Sieg beim „Honens International Piano Competition“ im Jahr 2009 ist Tchaidze erfolgreich in ganz Europa und Nordamerika unterwegs. Wenn Tchaidze inzwischen als einer der besten Musiker hochgelobt wird und sein Spiel als „zutiefst poetisch … von lyrischer Intimität ebenso angezogen wie von schillernder Virtuosität,“ beschrieben wird, dann kann man sicher sein, dass sich die beiden Russen kongenial ergänzen werden.
Georgy Tchaidze spielt Beethovens Sonate Op. 110
Am letzten Abend tritt die ebenfalls vielfach ausgezeichnete armenische Sopranistin Anush Hovhannisyan beim Abendkonzert auf. Die Wahl-Londonerin ist zutiefst glücklich und dankbar über ihre „gottgegebene Fähigkeit“ Koloraturen singen zu können und genießt nach eigenen Aussagen diese Beweglichkeit ihrer Stimme ebenso wie jede Minute, die sie auf der Bühne steht – was man dieser natürlich freundlichen und frohen Person sofort abnimmt. Gepriesen wird einhellig ihre ausdrucksstarke Klangfarbe, ihre über einen weiten Stimmumfang hinweg starke Gleichmäßigkeit und brillante Technik. Vor allem aber auch die notwendige musikalische Intelligenz, die sie zu einer geborenen Interpretin macht.
Geniessen Sie einen Auftritt Anush Hovhannisyans auf Youtube
All diese hochdekorierten Solisten werden begleitet von den English Classical Players unter der Leitung von Jonathan Brett, dessen Auftritte stets „ein Gefühl von Abenteuer vermitteln“. Brett ist zudem bekannt für seine außergewöhnliche interpretative Einsicht und sein Flair, kombiniert mit Brillanz und Klarheit der Technik. In den zwanzig Jahren als künstlerischer Leiter der English Classical Players entwickelte er das Orchester zu einem der besten des Landes. Heute steht es für opulent schönen Klang und brillante Virtuosität.
Als Gastdirigent trat Jonathan Brett mit Orchestern auf der ganzen Welt auf, insbesondere mit den Moskauer Philharmonikern. Mit diesen feierte er bereits 2002 sein Debüt bei Beethovens Neunter Symphonie.
Um das Programm vollends rund zu machen, führt der ungarische Musikkritiker und Moderator Ádám Bősze in die Abende jeweils mit einem Pre-Concert Talk ein, in denen er Ludwig van Beethoven als Person vorstellt: seine Persönlichkeit, seine Macht und sein Liebesleben. Wir dürfen auch darauf sehr gespannt sein und freuen uns auf ein abwechslungsreiches Festival: #LetsMeetThere
Weitere Informationen finden Sie unter: https://andermattmusic.com/events/andermatt-music-winter-festival-2020/
Autor: Undine Zumpe / Cinnamon Circle
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