Es wird Winter. Es wird kalt. Es wird dunkel. Und jedes Jahr stellt sich wieder die Fragen: „Wollen, nein: müssen wir uns das antun?“
Einen Blick auf die Weltkugel werfend und einen Dank an den ‚Erfinder‘ der beiden Hemisphären mit ihren konträren Jahreszeiten schickend, sagen wir: „Nein!“
Ein Flug ist rasch gebucht, abends eingestiegen, morgens erspäht man – derzeit mit einer Stunde Zeitverschiebung – beim Aufwachen aus der Lucke des Fliegers bereits den Tafelberg und mit ein wenig Glück weht auch der mindestens als Smalltalk-Thema omnipräsente da berüchtigte Wind nicht so sehr, dass die Landung eine sanfte wird.
Auf der N2 geht es Richtung City, kurz vor der Stadt schlängelt sich der Highway, die Universität zur rechten und das „Tabel Mountain Nature Reserve“ zur linken, den Berg hinauf, gibt dann am oberen Ende den Blick frei auf das glitzernde Meer und den Hafen. Das unbändige, sehnsüchtige Gefühl in uns steigt auf und mit Tränen in den Augen fühlen wir das herzliche: „Welcome home, in the Mother City!“ – Kapstadt ist eine Herzensangelegenheit.
Ein prüfender Blick nach links zeigt, ob der Tafelberg, großer Beschützer der Stadt, sein Naturweltwunder-Zertifikat mit der ihm eigenen Größe und Lässigkeit tragend, sich mal wieder unter seiner Tischdecke versteckt – jeder Star braucht auch mal seine Ruhe. Rechts und links von uns befindet sich das vor wenigen Jahren noch völlig heruntergekommene, inzwischen als Hipp-Viertel gefeierte Stadtviertel Woodstock, das samstags von Einheimischen und Touristen gleichermaßen komplett für den Neighbourhood Market in der Old Buiscuit Mill überrannt wird, um frisch- und selbstgemachte Leckereien aus allen Ecken der Welt zu probieren und durch den kleinen Markt mit mit Kleidung, Taschen und Accessoires aus hiesigen Kleinstmanufakturen zu schlendern. Und um danach sich durch die teils kleinen, teils großen und internationalen Kunstgalerien Woodstocks treiben zu lassen (allen voran Stevenson – highly recommended!). Salt River wiederfährt gerade das gleiche Gentrifizierungs-Schicksal und all diejenigen, die noch einigermaßen günstig und stadtnah wohnen wollen, müssen inzwischen bereits bis hinter Maitland nach Kensington oder Brooklyn ausweichen – Kapstadts Immobilienpreise steigen gewaltig, der Gefahr einer Wiederholung der Trockenheit wie im Jahre 2018 oder der ein oder anderen verwirrten politischen Aussage zum Trotz.
Der Nelson Mandela Highway führt direkt in die Stadt, gleich rechts geht es zur Waterfront und wer sich nun erst einmal ein Frühstück am Yachthafen gönnen möchte, der sollte zielsicher auf das Cape Grace zusteuern, alternativ sich ein ruhiges Plätzchen mitten im Waterfront-Getümmel und mit Blick auf das 2017 eröffnete Zeitz MOOCA (Museum of Contemporary Art Africa) auf der Terrasse des Victoria & Alfred Hotel suchen oder gleich die obersten Stockwerke des „The Silo Hotel“ (“Cape Town’s most exclusive luxury hotel”) über dem MOOCA aufsuchen und den phantastischen Ausblick auf das stets relaxte Kapstadt werfen – there is no better view!
Kunst, Natur, Essen … mit diesen wenigen Zeilen wurde eigentlich angesprochen, was Kapstadt ausmacht und warum jeder, der einmal dort war, nicht mehr von der Stadt lassen kann und Menschen aus aller Welt sich hier ein langfristiges Plätzchen wünschen:
Es ist ein Eldorado für Kunstfreaks. Dabei war das MOOCA nur das – wenn auch sehr große – Tüpfelchen auf dem i. Immer mehr Galerien und die sich daran anschließenden Kunstevents (don’t miss First Thursday!) sind inzwischen fester Bestandteil in den Stadtvierteln wie Bo-Kaap, De Waterkant und dem CBD (don‘t miss Whatiftheworld!).
Zudem: Ein Erholungsort für Naturfreaks – seien es die Berge (vom Lion’s Head hat man den schönsten Rundumblick) und ein idyllisches Naturreservat, seien es Yachtausflüge, Segelturns, Kajakfahrten oder die paradiesischen Bedingungen für Kitesurfer im wenige Kilometer entfernten und mit perfekten Blick auf die City ausgestatteten Bloubergstrand.
Aber vor allem ist Kapstadt ein Himmelreich für Gourmets, „Winys“ und grundsätzlich alle, die gerne essen, trinken und gesellig zusammensitzen – des Capetoniens liebste Beschäftigung. Daher der Tipp: nach dem Frühstück an der Waterfront direkt am Samstag oder Sonntag auf den Oranjezicht Market an der Granger Bay (gegenüber des innerstädtischen Golfplatzes) und sich mit Freunden und Bekannten auf ein Glas Wein treffen. Sie sind das erste Mal in Kapstadt und kennen noch niemanden? Das wird sich mit diesem Besuch ändern!
Danach lassen sie sich weiter ins legendäre Mount Nelson fahren und zelebrieren einen Afternoon Tea. So gewagt rosa das Gemäuer, so sucht die Atmosphäre im traditionsreichen Haus ihresgleichen. Aus der Innenstadt kommend, bietet die traumhaft schöne Palmen-gesäumte Auffahrt nur eine ganz kleine Unterbrechung von der Lebendigkeit Kapstadts, die im Hotel ihre ganz besondere Fortsetzung findet: Von der Lobby bis zum Ruhe verströmenden, aber zur Geselligkeit einladenden Garten finden Kapstädter und Gäste aus aller Welt hier zusammen. Auf der Terrasse wird ein Junggesellinnenabschied gefeiert, am Eingang bilden schottenberockte Herren den Empfang für ein Brautpaar, aus Camps Bay kommen diejenigen auf ein Glas Wein vorbei, die der Wind beim „sundownen“ buchstäblich mal wieder verweht hat – das alles umgeben vom Hauch des Kolonialen. Und wenn man nicht gerade zu einer der Gruppen gehört, kann man dem vielfältigen Treiben und Feiern in einer ruhigen Ecke zuschauen.
Für den Abend lassen sie sich einfach die Kloof Street hinuntertreiben und halten schließlich für ein Dinner im Kloof Street House.
And now? It’s Gin Time… Da haben wir noch einen großen Tipp für eine kleine, feine Lokalität: The Gin Bar mit ihrem winzigen, charmanten Innenhof, die sich durch einen zuckersüßen Schokoladenladen („Honest Chocolate Café“, das Abends leider zumacht) erreichen lässt und eine beachtlichen Auswahl an Ginsorten aus aller Welt und aus Kapstadt auf der Karte hat.
Genug der Kunst für heute? Ausreichend das Meer und die Berge genossen? Getrunken, gegessen und sich mit Capetoniens ausgetauscht? Dann lassen wir Sie nun schlafen, versprechen Ihnen gut zu träumen, denn der Tafelberg wacht stets über der Stadt und seinen Bewohnern.
Und wir melden uns sehr bald wieder mit noch vielen weiteren Tipps, die Ihre Rückkehr ins – zurecht! – mehrfach als „Greatest City on Earth“ ausgezeichnete Cape Town garantieren wird.
Autor: Undine Zumpe / Cinnamon Circle
0Need at least 3 ratings